100 Jahre VGL Lohndorf
Geschichtlicher Rückblick am Festkommers
Der Beginn unserer Aktivitäten geht auf
den Obstbaumzüchter Johann Rehe,
genannt „Schwodl“ zurück, ein Hausname, der auf seine Herkunft Schwabtal
schließen lässt. Er erwarb das Anwesen in der Ellertalstraße, mit der damalige
Hausnummer 11, direkt vor der Brauerei Hölzlein. Rehe brachte wieder Leben in
das Haus, das nach dem Mordfall 1898 und der Hinrichtung der beiden
Delinquentinnen verwaist war. Die Älteren unter uns haben den „Schwodl“ sogar
noch persönlich gekannt. Er war eine stattliche Erscheinung, bei den Kindern
sehr beliebt, schließlich durften sie von seinem Fallobst naschen. Manche
Zeitzeugen waren noch als Kinder dabei, als sie ihm ein Ständchen sangen zu
seinem 90. Geburtstag.
Rehe stand in der Mitte seines Lebens,
als er mit Unterstützung des Landwirtschaftlichen Rates Kindshoven den ersten
Kirschenmuttergarten Deutschlands in dem beschaulichen Ort Lohndorf
anlegte. Dort sammelte er alle damals als wertvoll erscheinenden Kirschsorten
aus dem gesamten Reichsgebiet.
1910 erfolgte die Vereinsgründung mit
dem Vorstand Friedrich Vogel, Hauptlehrer in Lohndorf. Es war noch zu Kaiser
Wilhelms Zeiten, kurz vor dem 1. Weltkrieg, als der Verein damit begann, die
Mitglieder in der noch nahezu unbekannten Veredelungskunst zu unterweisen. Der „Schwodl“
verstand es, die damals noch bedeutende Zunft der Bienenzüchter mit ins
Vereinsboot zu holen. So gewann der Verein an Mitgliedern und Bedeutung, selbst
der Aderlass des 1. Weltkrieges und die Wirtschaftskrise zu Beginn der 20er
Jahre konnte den Verein nicht aus der Bahn werfen.
Allerdings: Zur damaligen
Zeit war der Verein kein Freizeitvergnügen, sondern
nackte wirtschaftliche Notwendigkeit.
Über den Obstanbau konnte sich mancher Landwirt ein weiteres Standbein
verschaffen, um die zahlreichen Kinder und Angehörigen der Großfamilien ernähren
zu können. Grund und Boden waren knapp, die Felder zergliedert, jeder Rain war
abgegrast, für die Nutztieren musste man das Streu aus dem Wald holen. Niemand
konnte es sich leisten auch nur das geringste Fleckchen Boden ungenutzt zu
lassen. Eine Alternative zur kärglichen Land- und Forstwirtschaft gab es noch
nicht. Die Industrie in Bamberg war erst in den Anfängen.
In den
30er Jahren wurde der Obstanbau immer
professioneller betrieben. Angefangen bei der systematischen Wurzel-, Stamm- und
Kronenpflege über einer nachhaltigen Schädlingsbekämpfung mit Hilfe von
Spritzanlagen bis hin zur Schaffung einer Obstabsatzstelle. Im
nationalsozialistischen „Ernährungskampf“ spielte der Obstanbau offensichtlich
eine wichtige Rolle und wurde mit entsprechenden Zuschüssen gefördert. So
pflanzte man z. B. Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht und nutzte das Holz
der Nussbäume für die Herstellung von Gewehrschäften.
In den
50er Jahren konnte der Hauptlehrer
Michael Dittenhofer den Verein zu neuem Schwung verhelfen. Man schaffte nun eine
Obstpresse, eine Mühle und eine neue Baumspritze zur Schädlingsbekämpfung an.
Eine große Pflanzaktion ließ den Obstbaumbestand auf über 4000, überwiegend
Kirschbäume anwachsen. Zur jetzigen Zeit im Frühling glich die Lohndorfer Flur
einem beeindruckenden Blütenmeer!
Mit der
Eröffnung der Obstannahmestelle in
Lohndorf beim damaligen Vorstand, Andreas Winkler, Ellertalstr. 7 erreichte
die Obstvermarktung gegen Ende der 70er Jahre ihren Höhepunkt.
Spätestens jetzt zeichnete
sich ein weitreichender Strukturwandel
ab. Stand bisher der Erwerbsanbau im Vordergrund, so verliert dieser zunehmend
an Bedeutung. Einerseits verfallen die Preise durch die mächtige Konkurrenz aus
dem Ausland, andererseits bietet das Wirtschaftswunder der 60er Jahre gut
bezahlte Stellen in den Fabriken Bambergs und Hallstadts und damit ein
wesentlich besseres Auskommen.
Dieser Entwicklung trägt
der Verein Ende der 70er Jahre Rechnung, indem er die Aspekte
Landespflege und Umweltschutz in seiner
Satzung aufnimmt. Der Wandel hin zu mehr „Kulturarbeit“ hat sich bereits
seit längerem abgezeichnet. So nahm der Verein erfolgreich teil bei
Wettbewerben, wie z. B. „Unser Dorf soll schöner werden“, „Grüner Friedhof“ und
„Der beste Spielplatz im Landkreis“. Eine Fülle von nachhaltigen Pflegemaßnahmen
haben Lohndorf zu dem gemacht was es heute ist: ein
Schmuckkästchen. Ob es die
zahlreichen Ruhebänke sind oder die wieder zu neuem Leben erweckten Brunnen, der
Schmuck dort oder am offenen Bach, an Martern, Kreuzen, am Friedhof, am Umfeld
von Kirche und Schule usw. …
So ist Lohndorf heute
weniger bekannt wegen seiner anfänglichen Kirschgärten, sondern eher wegen
seiner Kulturveranstaltungen, allen voran das Brunnenfest mit dem
Ellertallauf, den wir schon seit 31 Jahren mit ständig wachsendem Zuspruch,
besonders bei den Kindern, abhalten. Dies hat uns dazu bewogen unsere Satzung
vor 3 Jahren wieder zu ergänzen, um den Aspekt der Förderung des Volkssportes.
Unser Verein hat sich über
die Zeit immer wieder neuen Herausforderungen gestellt.
Tatkräftige Vorstände waren
vorausschauend und haben den Wandel erfolgreich gemeistert. Hier sind besonders
der leider bereits verstorbene Leonard Reh und unser jetziger Vorstand Andreas
Winkler zu nennen. Mit Unterstützung zahlreicher engagierter Vereinsmitglieder,
hier sind unsere tüchtigen Frauen und nicht zuletzt unser Organisationstalent
und „Zeremonienmeister“ Richard Grasser hervorzuheben, ist es uns gelungen aus
Lohndorf ein Schatzkästlein zu machen. Bleibt zu wünschen, dass nachfolgende
Generationen dieses Schatzkästlein bewahren und bereichern.
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